Sitzung: 13.09.2012 Verbandsgemeinderat
Beschluss: einstimmig beschlossen
Abstimmung: Ja: 17
Vorlage: FB1-370/2012/01-048
Nach eingehender Beratung beschließt der Verbandsgemeinderat die hoheitliche Aufgabe „Betrieb des elektronischen Personenstandsregisters und des Sicherungsregisters sowie den Betrieb des elektronischen Nachrichtenverkehrs“ ab 01.10.2012 auf den Zweckverband ZIDKOR zu übertragen.
Die Bürgermeisterin wird beauftragt die vorliegende Zweckvereinbarung zu unterzeichnen.
Sachverhalt:
Die Vorschriften für die Beurkundung des Personenstands in
Deutschland sind durch das Gesetz zur Reform des Personenstandsrechts
(Personenstandsrechtsreformgesetz - PStRG) vom 19. Februar
2007 (BGBI. I, S. 122) neu gestaltet worden. Das
neue Personenstandsgesetz (PStG) trat im Wesentlichen am 01. Januar 2009 in
Kraft. Neben teilweise weitreichenden Entbürokratisierungsmaßnahmen
(Abschaffung des Familienbuchs, Reduzierung der Arten von
Personenstandsurkunden, Straffung der personenstandsrechtlichen Verfahren) wird
als Kernelement der Reform vor allem die Beurkundung in elektronisch geführten
Personenstandsregistern und ein weitgehend standardisierter elektronischer
Mitteilungsverkehr der Standesämter untereinander und mit anderen Behörden
eingeführt. Die elektronische Registerführung wird - nach Ablauf einer
Übergangszeit - zum 01. Januar 2014 für alle Standesämter in Deutschland
verpflichtend.
Am 22. November 2008 ist die Verordnung zur Ausführung des
Personenstandsgesetzes (Personenstandsverordnung - PStV) verabschiedet worden.
Der Verordnungsentwurf enthält die dem neuen Personenstandsrecht entsprechenden
Regelungen zur Durchführung des standesamtlichen Verfahrens bei Geburt,
Eheschließung, Begründung einer Lebenspartnerschaft
und Sterbefall, einschließlich der damit einhergehenden
familien- und namensrechtlichen Beurkundungen. Der
Schwerpunkt liegt dabei auf den Ausführungsvorschriften zur Durchführung der
elektronischen Personenstandsregistrierung, dem elektronischen Datenaustausch
sowie dem Beurkundungsverfahren in der Übergangszeit bis zum 31.
Dezember 2013.
Auch in technischer Hinsicht ändern sich die internen
Abläufe. Der Standesbeamte muss künftig jede Beurkundung eines
Personenstandsfalles mit einer dauerhaft überprüfbaren qualifizierten
elektronischen Signatur abschließen (§ 9 Abs. 2
PStV).
Finanzielle Auswirkungen aus der Reform:
Die Bundesregierung trifft in der Gesetzesbegründung
folgende Aussagen:
"Die Reform wird sich unter der
Voraussetzung, dass die künftig von den Ländern zu regelnde
Zuständigkeit für das Standesamt bei den Städten und Gemeinden verbleibt, vorrangig
auf die kommunalen Haushalte auswirken. Mit der Umstellung der Personenstandsbeurkundungen
von Papierbüchern auf elektronische Register werden Arbeitserleichterungen und
Verbesserungen des Bürgerservices eintreten. Wegen der Anschaffungs- oder
Umstellungskosten für Geräte und Programme (bundesweit etwa 17 Mio. Euro
jährlich) sind nennenswerte Kosteneinsparungen aber erst nach Ablauf der ca.
5-jährigen Umstellungsphase zu erwarten. Die unterschiedlichen Personal- und Sachausstattungen
der Standesämter lassen es nicht zu, die
zu erwartenden Einsparungen für Standesämter konkret (z.B. nach
der Größe eines Standesamts) zu beziffern. Nach
überschlägiger Berechnung führt die Einführung der Informationstechnik nach Abschluss
der Umstellungsphase zu jährlichen Mehrausgaben von rd. 14 Mio.
Euro. Dem stehen Einsparungen von ca. 18 Mio. Euro
gegenüber, so dass sich per Saldo ein jährliches Einsparvolumen von rd. 4 Mio.
Euro ergibt. Erhebliche Einsparungen sind bei den Standesämtern
zudem durch den Wegfall des Familienbuchs zu erwarten. Einem Einsparvolumen in
Höhe von insgesamt rd. 42 Mio. Euro
jährlich stehen bis zum Abschluss der Rückführung der Familienbücher an das
Standesamt der Eheschließung allerdings Ausgaben von ca. 57 Mio. Euro
jährlich gegenüber. Nach Abschluss der Rückführungsaktion
(etwa ab dem 6. Jahr, nach Inkrafttreten der Reform)
wirkt sich die durch den Wegfall des Familienbuchs bedingte Einsparung in
vollem Umfang auf die kommunalen Haushalte aus. Auf der Grundlage dieser
Berechnungen ist durch die Reform bei den Standesämtern langfristig insgesamt
mit einem jährlichen Einsparvolumen von rd. 46 Mio. Euro zu rechnen.“
Einführung in Rheinland-Pfalz
Im Jahre 2009 wurden die ersten Gespräche zwischen den
kommunalen Spitzenverbänden und dem Land, vertreten durch das Innenministerium
aufgenommen. Es bestand die Absicht, angelehnt an die Erfahrungen aus dem
Meldewesen, die Projektorganisation und - Abwicklung über die von den Verbänden
getragene Gesellschaft KommWis abzuwickeln. Die Gespräche fokussierten sich in
erster Linie auf die Umsetzung der eingangs geschilderten gesetzlichen
Vorgaben.
Im Kern waren dies:
- Auswahl und Beschaffung einer Software
zur Führung des elektronischen Personenstandsregisters und des damit
verbundenen Sicherungsregisters
- Umsetzung des Mitteilungsverkehrs in
elektronischer Form
- Einführung der qualifizierten
elektronischen Signatur
- Überführung der Übergangsbeurkundungen
/ Nacherfassung
Zur Beschaffung der Software zur Führung des
elektronischen Personenstandsregisters führte KommWis im letzten Jahr ein
EU-weites Vergabeverfahren durch. Den Zuschlag erhielt im Mai
2011 der Verlag für Standesamtswesen. Die
Mittel zur Finanzierung der Lizenzkosten, der
Einführungs- und Schulungskosten sowie der Kosten für die erstmalige Bereitstellung
der Signaturkarten stellte das Innenministerium aus dem Ausgleichsstock bereit.
Der Bundesgesetzgeber hat auch in betrieblicher Hinsicht in der
Personenstandsverordnung Vorgaben getroffen. Diese
orientieren sich an dem BSI-Grundschutzhandbuch. Für
das Personenstands- und Sicherungsregister gelten die "hohen"
Grundschutzvorgaben. Bisher hat in Rheinland-Pfalz noch keine Kommune
Fachverfahren mit einer solchen Grundschutzvorgabe eingestuft und die
notwendigen Maßnahmen dazu umgesetzt. Aus Sicht der kommunalen Spitzenverbände
ist heute eine bautechnische und sicherheitstechnische Infrastruktur nur in
verschiedenen großen Städten vorhanden, die eine Aufgabenerledigung für andere
Kommunen in dieser Form erlauben würde. Insoweit sind Gespräche mit den
Rechenzentren dieser Körperschaften geführt worden. Im
Zuge der Gespräche mit den Städten ist die Idee der Gründung eines
Zweckverbandes entstanden, auf den diese Aufgabe übertragen werden könnte. Dieser
Zweckverband soll einerseits durch die leistungsgebenden Gebietskörperschaften
und andererseits durch die Verbände selbst getragen werden. Dabei wird über die
Mitwirkung der kommunalen Spitzenverbände in einem solchen Zweckverband die
Interessenwahrung der Mitgliedskommunen sichergestellt. Im Zweckverband werden
voraussichtlich 8 Städte mitwirken. Dies sind die Städte: Kaiserslautern,
Koblenz, Ludwigshafen, Mainz, Neustadt an der Weinstraße, Neuwied,
Speyer und Trier. Der Zweckverband wird zum 01. Juli 2012 errichtet. Er wird
voraussichtlich folgenden Namen führen: Zweckverband
für Informationstechnologie und Datenverarbeitung der Kommunen in Rheinland
Pfalz (ZIDKOR)
Das Zweckverbandsmodell bietet folgende Vorteile:
- Wegfall der Verpflichtung zur
Ausschreibung der Leistungen. Die Übertragung der Aufgaben erfolgt
durch eine hoheitliche Zweckvereinbarung und ist damit vergabefrei.
- Steuervorteile: Die
Erbringung von hoheitlichen IT-Leistungen ist derzeit noch umsatzsteuerfrei.
Zwei Rechenzentren werden unter dem Dach des
Zweckverbandes den Betrieb übernehmen. Dabei betreut die Kommunale
Datenzentrale der Stadt Mainz (KDZ) das Personenstandsregister und das Rechenzentrum
Ludwigshafen das Sicherungsregister. Beide
Einrichtungen gewährleisten die Sicherstellung der BSI-Grundschutzvorgaben.
Ausgehend von einem Betriebszeitraum von 54 Monaten sind
Betriebskosten von 0,30 € je Einwohner und Jahr ermittelt worden. Hinzu
kommen noch die Kosten für den elektronischen Nachrichtenverkehr mit 0,04 €
und die Kosten für den Hostingbetrieb der Fachanwendung "AutiSta".
Diese betragen 0,147 € je Einwohner und Jahr.
Die neuen zusätzlichen Kosten für das elektronische
Personenstandsregister werfen die Frage der Konnexitätsrelevanz auf. Das
Innenministerium verweist dazu auf die bundesgesetzlichen Regelungen und
schließt insoweit eine solche Relevanz und damit eine Beteiligung an
den laufenden Betriebskosten aus.
Ein Eigenbetrieb des Registerverfahrens durch jede Kommune
selbst, wird nach Ansicht der kommunalen Spitzenverbände nicht
wirtschaftlich umgesetzt werden können. Die
Erfüllung der Grundschutzvorgaben für getrennte Register (Erst- und
Sicherungsregister) dürfte Kosten im hohen 6-stelligen Bereich verursachen.
In fachlicher Hinsicht bietet die elektronische
Registerführung viele Vorteile. Die Suche und Fallbearbeitung
wird sich erheblich verbessern. Ab dem Jahr 2009 wurden die Beurkundungsdaten
als Übergangsdaten in den jeweiligen Fachverfahren (AutiStA und Open EIViS)
übergangsweise gespeichert. Diese Daten könnten später in das elektronische Register
überführt werden. Dazu muss der Standesbeamte
die Übereinstimmung der Daten mit den papiergebundenen Registern prüfen und
anschließend mittels qualifizierter elektronischer Signatur ins elektronische
Register verfügen.