Beschluss:

 

Der Ortsgemeinderat Stadtkyll beschließt, das Abrechnungssystem für Straßenausbaubeiträge in Stadtkyll einschließlich dessen Ortsteil Schönfeld auf den wiederkehrenden Beitrag für Verkehrsanlagen umzustellen.

 

Der Ortsgemeinderat Stadtkyll beschließt die Satzung der Ortsgemeinde Stadtkyll zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau von Verkehrsanlagen (Ausbaubeitragssatzung wiederkehrende Beiträge) entsprechend dem von der Verwaltung erarbeiteten, beiliegenden Satzungsentwurf mit folgenden Änderungen:

 

-          Die Abrechnungseinheit 1 soll um die Bereiche „Haus am See“ und „Kronenburger Straße“ ergänzt werden.

-          Der Beitragssatz soll unter Berücksichtigung der Ausführungen und dem Ermessensspielraum des Gemeinderates (25 % +/- 5 %) auf 30 % festgelegt werden, um die Belastung für die Einwohner möglichst gering zu halten und gleichzeitig dem gerecht zu werden, dass durch den Systemwechsel eine andere Betrachtung bzgl. der Festlegung des Beitragssatzes erfolgt.

 

Die Satzung tritt rückwirkend ab dem 01.01.2023 in Kraft.

 

 

Sonderinteresse/Ruhen des Stimmrechts:

 

Bitte die rechtlichen Vorgaben zu Ausschließungsgründen beachten. Diesbezüglich wird auf die Bestimmungen des § 22 Gemeindeordnung hingewiesen.

 


Sachverhalt:

1. Grundsätzliche Informationen

 

Die Ortsgemeinde Stadtkyll erhebt derzeit noch Straßenausbaubeiträge im System der einmaligen Ausbaubeiträge. Bei diesem Abrechnungssystem werden nur die an den auszubauenden Verkehrsanlagen liegenden und von dieser Verkehrsanlage erschlossenen beitragspflichtigen Grundstücke zu Ausbaubeiträgen herangezogen.

 

Das Land Rheinland-Pfalz hat mit Gesetz vom 05. Mai 2020 die flächendeckende Einführung des wiederkehrenden Straßenausbaubeitrags beschlossen. Daraus folgt, dass die Kommunen, die derzeit noch einmalige Straßenausbaubeiträge erheben - nach Ablauf der Übergangsfrist am 31.12.2023 oder in Ausnahmefällen nach Abrechnung der letzten bis zum 31. Dezember 2023 begonnenen Straßenausbaumaßnahme- die Beitragserhebung auf wiederkehrende Straßenausbaubeiträge umstellen müssen. Dies trifft auf die Ortsgemeinde Stadtkyll zu.

 

Der Ortsgemeinderat Stadtkyll hat bereits in seiner Sitzung am 16.10.2019 über die Einführung des wiederkehrenden Beitrags beraten, die Entscheidung damals aber vertagt. Der Umwelt-, Bau- und Planungsausschuss der Ortsgemeinde Stadtkyll hat sich am 23.09.2020 und 12.05.2021 mit der Thematik befasst und empfahl dem Ortsgemeinderat mit Beschluss vom 12.05.2021 die Einführung des wiederkehrenden Straßenausbaubeitrages in der Ortsgemeinde Stadtkyll sowie den Beschluss einer entsprechenden Beitragssatzung. Am 11.07.2022 nahmen Vertreter der Ortsgemeinde an einer von der Verbandsgemeinde Gerolstein organisierten Informationsveranstaltung zum wiederkehrenden Straßenausbaubeitrag teil, bei der vom Referenten des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz, Dr. Gerd Thielmann ausführlich zum Thema informiert wurde. Der für die Einführung des wiederkehrenden Beitrags erforderlichen Datenerfassung durch ein externes Unternehmen wurde zugestimmt.

 

Bis dato fehlt jedoch ein Beschluss des Ortsgemeinderates, mit dem er sich dafür ausspricht, das Abrechnungssystem für Straßenausbaubeiträge in Stadtkyll auf den wiederkehrenden Beitrag für Verkehrsanlagen umzustellen. Und auch der Beschluss über eine Ausbaubeitragssatzung steht noch aus.

 

Eine Satzung zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau von Verkehrsanlagen (Ausbaubeitragssatzung wiederkehrende Beiträge) (ABS) ist gemäß § 2 Abs. 1 KAG als Grundlage für die Erhebung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge erforderlich.

 

In der Ausbaubeitragssatzung wiederkehrende Beiträge werden die Rechtsgrundlagen für die späteren Beitragsveranlagungen festgelegt wie Beitragsschuldner, den Tatbestand der die Beitragspflicht der Grundstücke begründet, der Beitragsmaßstab und der Fälligkeitszeitpunkt der Beitragsforderungen.

Darüber hinaus werden mit dieser Satzung einheitliche öffentliche Einrichtungen (Ermittlungsgebiete) festgelegt.

 

2. Entscheidung der Ortsgemeinde aufgrund örtlicher Gegebenheiten

Der Ortsgemeinderat kann folgende Entscheidungen auf Grundlage der örtlichen Gegebenheiten treffen:

I.                     Gemeindeanteil: Höhe anhand Verhältnis Anlieger- und Durchgangsverkehr, wobei beim Durchgangsverkehr nur der Verkehr zählt, der die Abrechnungseinheit durchquert und dafür Gemeindestraßen nutzt. Laut § 10a Abs. 3 KAG mind. 20 %.

II.                   Höhe des Vollgeschosszuschlages

III.                 Abzug Tiefenbegrenzung und Tiefenbegrenzung bei Bebauung in zweiter Reihe (dies soll den örtlich üblichen Verhältnissen entsprechend geregelt sein)

IV.                Teilungsfaktor für Trauf- und Firsthöhe im Rahmen der Vollgeschossermittlung

V.                  Beitragsschuldner: Entweder wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer oder dinglich Nutzungsberechtigter ist ODER wer im Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht Eigentümer oder dinglich Nutzungsberechtigter ist

VI.                Verschonung: Zeitraum (= Dauer der Verschonung) und Möglichkeit (1. Straßengenaue Benennung mit Befreiungsdauer, 2. Pauschal nach Höhe Beiträge/ m² ODER 3. Pauschal nach Jahren in Bezug zum Ausbauumfang)

 

3. Besondere Informationen hinsichtlich der Einführung des wiederkehrenden Beitrages in Stadtkyll

Ermittlungsgebiete, § 3 ABS

Gemäß § 10a Abs. 1 Satz 3 KAG werden von den Gemeinden durch Satzung einheitliche öffentliche Einrichtungen festgelegt, die durch das Zusammenfassen mehrerer, in einem abgrenzbaren und räumlich zusammenhängenden Gebietsteil liegender Verkehrsanlagen des Gemeindesgebietes gebildet werden.

Die insoweit inhaltlich geforderte Abgrenzbarkeit ist in erster Linie räumlich-tatsächlich zu verstehen. Jede verselbständigte Einheit muss sich nach ihrem tatsächlichen Erscheinungsbild von dem übrigen Gemeindegebiet mit hinreichender Deutlichkeit abgrenzen lassen.

 

Der als Anlage beigefügte Satzungsentwurf der Verwaltung sieht für Stadtkyll vier Ermittlungsgebiete (Abrechnungseinheiten) vor:

Abrechnungseinheit 1: Ortsteil Stadtkyll einschließlich Gewerbegebiet „Im Hahnborn“

Abrechnungseinheit 2: Ortsteil Schönfeld

Abrechnungseinheit 3: Ortsteil „Niederkyll“

Abrechnungseinheit 4: Gewerbegebiet „Auf Zimmers“.

 

Pläne und Begründung hierzu bilden die Anlagen 1 und 2 zur Satzung.

Nicht beitragspflichtig sind das Feriendorf Wirfttal und die Wochenendhaussiedlung Kleenerich. Das Ferienhausgebiet liegt im Außenbereich und der Zufahrtsweg zur Wochenendhaussiedlung ist nach Sachstand der Verwaltung keine Erschließungsstraße.

 

Gegenüber dem im Umwelt-, Bau- und Planungsausschuss im Jahr 2021 vorgestellten Satzungsentwurf wurde die Abrechnungseinheit „Im Hahnborn“ in die Abrechnungseinheit 1 integriert, da sie nach der aktuellen Rechtsprechung durch einen Außenbereich untergeordneter Bedeutung, der damit beitragsrechtlich keine trennende Zäsur darstellt, als dem Ortsteil Stadtkyll zugehörig angesehen wird. Diese Thematik wurde mit dem Referenten für Beitragsfragen beim Geemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz, Herrn Dr. Thielmann, abgestimmt.

 

Gemeindeanteil, § 5 ABS

Der Gemeindeanteil muss gemäß § 10a Abs. 3 KAG dem Verkehrsaufkommen entsprechen, das nicht den Beitragsschuldnern zuzurechnen ist- entspricht also dem Durchgangsverkehr im jeweiligen Ermittlungsgebiet - und beträgt mindestens 20 %. Dabei zählt als Durchgangsverkehr nur der Verkehr, der über Gemeindestraßen die jeweilige Abrechnungseinheit durchquert, also dort hinein und wieder herausfährt. Dies hat seine Ursache darin, dass das gesamte Straßennetz im Abrechnungsgebiet eine einheitliche öffentliche Einrichtung darstellt und damit der Gemeindeanteil ausschließlich den überörtlichen Durchgangsverkehr abdeckt.

 

Der als Anlage beigefügte Satzungsentwurf der Verwaltung sieht für alle vier Abrechnungseinheiten einen Gemeindeanteil von 25 % vor, da dort nach der beitragsrechtlichen Definition (s.o.) nur geringer Durchgangsverkehr besteht und die Gemeindestraßen ganz überwiegend von Anliegerverkehr genutzt werden. In der Abrechnungseinheit 1= Ortsteil Stadtkyll besteht zwar ein hohes Verkehrseinkommen, der Durchgangsverkehr fließt jedoch über die B 421 (Schwammertstraße/Hauptstraße/ Auelstraße), die L 24 (Prümer Straße) und die K 67 (Wirftstraße), die nicht in der Baulast der Ortsgemeinde Stadtkyll stehen. Die Abrechnungseinheit 2 = Ortsteil Schönfeld stellt keine große Verbindungsachse zu anderen Gemeinden dar. In die Abrechnungseinheit 3 = Ortsteil „Niederkyll“ und Abrechnungseinheit 4 = Gewerbegebiet „Auf Zimmers“ fährt nur, wer dort sein Ziel hat. Hier wäre sogar ein Gemeindeanteil von 20 % denkbar. Nach Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 15.12.2005, Az: 6 A 11220/05) steht den Gemeinden ein Beurteilungsspielraum von 5 % zu.

 

Sofern der Gemeindeanteil nach Ansicht des Ortsgemeinderats aufgrund der örtlichen Verhältnisse von Anlieger- und Durchgangsverkehr anders bewertet werden muss, ist dies in der Niederschrift zur Ortsgemeinderatssitzung unter Angabe der Gründe festzuhalten.

 

 

Übergangs- und Verschonungsregelung, § 13 ABS

§ 10a Abs. 6 KAG lässt in den Fällen, in denen Erschließungsbeiträge, einmalige Ausbaubeiträge oder Ausgleichsbeträge nach dem Baugesetzbuch oder Erschließungskosten aufgrund von Verträgen zu leisten sind, eine Überleitungsregelung zu, durch die die betroffenen Grundstücke für einen Zeitraum von höchstens 20 Jahren vom wiederkehrenden Beitrag befreit sind. Die Überleitungsregelung soll die Eigentümer der betroffenen Grundstücke für den bestimmten Zeitraum finanziell entlasten und eine unverhältnismäßige Doppelbelastung vermeiden. Bei der Bestimmung des Befreiungszeitraums sollen die übliche Nutzungsdauer der Verkehrsanlagen und der Umfang der einmaligen Belastung berücksichtigt werden. Zu bedenken ist darüber hinaus, dass die Beitragsbelastung, die normalerweise auf die befreiten Grundstücke entfallen würde, von den Eigentümern der beitragspflichtigen Grundstücke mitzutragen ist. Daher dürfen auch nicht mehr als 50% der beitragspflichtigen Grundstücke verschont werden.

 

Die Aufnahme einer Verschonungsregelung empfiehlt sich, um eine unzulässige Umverteilung von Ausbaulasten zu vermeiden.

 

Der als Anlage beigefügte Satzungsentwurf der Verwaltung sieht eine pauschale Beitragsbefreiung bis zu 15 Jahren gestaffelt nach Höhe der Beiträge/ m² vor.

 

Nach Sachstand der Verwaltung ist in Stadtkyll keine Altmaßnahme mehr abzurechnen. Die Übergangs- und Verschonungsregelung kommt demnach erst zukünftig zum Tragen.

 

In-Kraft-Treten, § 15 ABS

Die Ausbaubeitragssatzung wiederkehrende Beiträge soll rückwirkend zum 01.01.2023 in Kraft treten.

 

Die erste Ausbaumaßnahme, die in Stadtkyll über die wiederkehrenden Straßenausbaubeiträge abgerechnet werden soll, ist der Ausbau der Kreisverkehrsanlage in der B 421 (Schwammertstraße/ Hauptstraße/ Prümer Straße). Da es sich um eine Bundesstraße bzw. Landesstraße und damit eine sog. klassifizierte Straße handelt, werden die Kosten der Fahrbahn hierbei nicht über die wiederkehrenden Beiträge umgelegt, sondern nur die Kosten der Teileinrichtungen, die in der Baulast der Ortsgemeinde stehen wie der Gehweg.