Sitzung: 16.05.2023 Ortsgemeinderat
Beschluss: einstimmig beschlossen
Abstimmung: Ja: 14
Vorlage: 2-0235/23/35-019
Beschluss:
Der Ortsgemeinderat Stadtkyll beschließt, das
Abrechnungssystem für Straßenausbaubeiträge in Stadtkyll einschließlich dessen
Ortsteil Schönfeld auf den wiederkehrenden Beitrag für Verkehrsanlagen
umzustellen.
Der Ortsgemeinderat Stadtkyll beschließt die Satzung
der Ortsgemeinde Stadtkyll zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen für den
Ausbau von Verkehrsanlagen (Ausbaubeitragssatzung wiederkehrende Beiträge)
entsprechend dem von der Verwaltung erarbeiteten, beiliegenden Satzungsentwurf mit
folgenden Änderungen:
-
Die Abrechnungseinheit 1 soll um die Bereiche „Haus am See“ und
„Kronenburger Straße“ ergänzt werden.
-
Der Beitragssatz soll unter Berücksichtigung der Ausführungen und dem
Ermessensspielraum des Gemeinderates (25 % +/- 5 %) auf 30 % festgelegt werden,
um die Belastung für die Einwohner möglichst gering zu halten und gleichzeitig
dem gerecht zu werden, dass durch den Systemwechsel eine andere Betrachtung
bzgl. der Festlegung des Beitragssatzes erfolgt.
Die Satzung tritt rückwirkend ab dem 01.01.2023 in Kraft.
Sonderinteresse/Ruhen des Stimmrechts:
Bitte
die rechtlichen Vorgaben zu Ausschließungsgründen beachten. Diesbezüglich wird
auf die Bestimmungen des § 22 Gemeindeordnung hingewiesen.
Sachverhalt:
1. Grundsätzliche Informationen
Die Ortsgemeinde Stadtkyll erhebt derzeit noch
Straßenausbaubeiträge im System der einmaligen Ausbaubeiträge. Bei diesem
Abrechnungssystem werden nur die an den auszubauenden Verkehrsanlagen liegenden
und von dieser Verkehrsanlage erschlossenen beitragspflichtigen Grundstücke zu
Ausbaubeiträgen herangezogen.
Das Land
Rheinland-Pfalz hat mit Gesetz vom 05. Mai 2020 die flächendeckende Einführung
des wiederkehrenden Straßenausbaubeitrags beschlossen. Daraus folgt, dass die
Kommunen, die derzeit noch einmalige Straßenausbaubeiträge erheben - nach
Ablauf der Übergangsfrist am 31.12.2023 oder in Ausnahmefällen nach Abrechnung
der letzten bis zum 31. Dezember 2023 begonnenen Straßenausbaumaßnahme- die
Beitragserhebung auf wiederkehrende Straßenausbaubeiträge umstellen müssen.
Dies trifft auf die Ortsgemeinde Stadtkyll zu.
Der
Ortsgemeinderat Stadtkyll hat bereits in seiner Sitzung am 16.10.2019 über die
Einführung des wiederkehrenden Beitrags beraten, die Entscheidung damals aber
vertagt. Der Umwelt-, Bau- und Planungsausschuss der Ortsgemeinde Stadtkyll hat
sich am 23.09.2020 und 12.05.2021 mit der Thematik befasst und empfahl dem
Ortsgemeinderat mit Beschluss vom 12.05.2021 die Einführung des wiederkehrenden
Straßenausbaubeitrages in der Ortsgemeinde Stadtkyll sowie den Beschluss einer
entsprechenden Beitragssatzung. Am 11.07.2022 nahmen Vertreter der Ortsgemeinde
an einer von der Verbandsgemeinde Gerolstein organisierten
Informationsveranstaltung zum wiederkehrenden Straßenausbaubeitrag teil, bei
der vom Referenten des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz, Dr. Gerd
Thielmann ausführlich zum Thema informiert wurde. Der für die Einführung des
wiederkehrenden Beitrags erforderlichen Datenerfassung durch ein externes
Unternehmen wurde zugestimmt.
Bis dato
fehlt jedoch ein Beschluss des Ortsgemeinderates, mit dem er sich dafür
ausspricht, das Abrechnungssystem für Straßenausbaubeiträge in Stadtkyll auf
den wiederkehrenden Beitrag für Verkehrsanlagen umzustellen. Und auch der
Beschluss über eine Ausbaubeitragssatzung steht noch aus.
Eine Satzung zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen für den
Ausbau von Verkehrsanlagen (Ausbaubeitragssatzung wiederkehrende Beiträge) (ABS)
ist gemäß § 2 Abs. 1 KAG als Grundlage für die Erhebung wiederkehrender
Straßenausbaubeiträge erforderlich.
In der Ausbaubeitragssatzung wiederkehrende Beiträge werden die
Rechtsgrundlagen für die späteren Beitragsveranlagungen festgelegt wie
Beitragsschuldner, den Tatbestand der die Beitragspflicht der Grundstücke
begründet, der Beitragsmaßstab und der Fälligkeitszeitpunkt der
Beitragsforderungen.
Darüber hinaus werden mit dieser Satzung einheitliche öffentliche
Einrichtungen (Ermittlungsgebiete) festgelegt.
2.
Entscheidung der Ortsgemeinde aufgrund örtlicher Gegebenheiten
Der Ortsgemeinderat kann folgende
Entscheidungen auf Grundlage der örtlichen Gegebenheiten treffen:
I.
Gemeindeanteil: Höhe anhand
Verhältnis Anlieger- und Durchgangsverkehr, wobei beim Durchgangsverkehr nur
der Verkehr zählt, der die Abrechnungseinheit durchquert und dafür
Gemeindestraßen nutzt. Laut § 10a Abs. 3 KAG mind. 20 %.
II.
Höhe des Vollgeschosszuschlages
III.
Abzug Tiefenbegrenzung und
Tiefenbegrenzung bei Bebauung in zweiter Reihe (dies soll den örtlich üblichen
Verhältnissen entsprechend geregelt sein)
IV.
Teilungsfaktor für Trauf- und
Firsthöhe im Rahmen der Vollgeschossermittlung
V.
Beitragsschuldner: Entweder wer im
Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer oder dinglich
Nutzungsberechtigter ist ODER wer im Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen
Beitragspflicht Eigentümer oder dinglich Nutzungsberechtigter ist
VI.
Verschonung: Zeitraum (= Dauer der
Verschonung) und Möglichkeit (1. Straßengenaue Benennung mit Befreiungsdauer,
2. Pauschal nach Höhe Beiträge/ m² ODER 3. Pauschal nach Jahren in Bezug zum
Ausbauumfang)
3. Besondere Informationen
hinsichtlich der Einführung des wiederkehrenden Beitrages in Stadtkyll
Ermittlungsgebiete, § 3 ABS
Gemäß § 10a Abs. 1 Satz 3 KAG werden von den Gemeinden durch
Satzung einheitliche öffentliche Einrichtungen festgelegt, die durch das
Zusammenfassen mehrerer, in einem abgrenzbaren und räumlich zusammenhängenden
Gebietsteil liegender Verkehrsanlagen des Gemeindesgebietes gebildet werden.
Die insoweit inhaltlich geforderte Abgrenzbarkeit ist in erster
Linie räumlich-tatsächlich zu verstehen. Jede verselbständigte Einheit muss
sich nach ihrem tatsächlichen Erscheinungsbild von dem übrigen Gemeindegebiet
mit hinreichender Deutlichkeit abgrenzen lassen.
Der als Anlage beigefügte Satzungsentwurf der Verwaltung sieht für
Stadtkyll vier Ermittlungsgebiete (Abrechnungseinheiten) vor:
Abrechnungseinheit 1: Ortsteil Stadtkyll einschließlich
Gewerbegebiet „Im Hahnborn“
Abrechnungseinheit 2: Ortsteil Schönfeld
Abrechnungseinheit 3: Ortsteil „Niederkyll“
Abrechnungseinheit 4: Gewerbegebiet „Auf Zimmers“.
Pläne und Begründung hierzu bilden die Anlagen 1 und 2 zur
Satzung.
Nicht beitragspflichtig sind das Feriendorf Wirfttal und die
Wochenendhaussiedlung Kleenerich. Das Ferienhausgebiet liegt im Außenbereich
und der Zufahrtsweg zur Wochenendhaussiedlung ist nach Sachstand der Verwaltung
keine Erschließungsstraße.
Gegenüber dem im Umwelt-, Bau- und Planungsausschuss im Jahr 2021
vorgestellten Satzungsentwurf wurde die Abrechnungseinheit „Im Hahnborn“ in die
Abrechnungseinheit 1 integriert, da sie nach der aktuellen Rechtsprechung durch
einen Außenbereich untergeordneter Bedeutung, der damit beitragsrechtlich keine
trennende Zäsur darstellt, als dem Ortsteil Stadtkyll zugehörig angesehen wird.
Diese Thematik wurde mit dem Referenten für Beitragsfragen beim Geemeinde- und
Städtebund Rheinland-Pfalz, Herrn Dr. Thielmann, abgestimmt.
Gemeindeanteil, § 5 ABS
Der Gemeindeanteil muss gemäß § 10a Abs. 3 KAG dem Verkehrsaufkommen
entsprechen, das nicht den Beitragsschuldnern zuzurechnen ist- entspricht also
dem Durchgangsverkehr im jeweiligen Ermittlungsgebiet - und beträgt mindestens
20 %. Dabei zählt als Durchgangsverkehr nur der Verkehr, der über
Gemeindestraßen die jeweilige Abrechnungseinheit durchquert, also dort hinein
und wieder herausfährt. Dies hat seine Ursache darin, dass das gesamte
Straßennetz im Abrechnungsgebiet eine einheitliche öffentliche Einrichtung
darstellt und damit der Gemeindeanteil ausschließlich den überörtlichen
Durchgangsverkehr abdeckt.
Der als Anlage beigefügte Satzungsentwurf der Verwaltung sieht für
alle vier Abrechnungseinheiten einen Gemeindeanteil von 25 % vor, da dort nach
der beitragsrechtlichen Definition (s.o.) nur geringer Durchgangsverkehr
besteht und die Gemeindestraßen ganz überwiegend von Anliegerverkehr genutzt
werden. In der Abrechnungseinheit 1= Ortsteil Stadtkyll besteht zwar ein hohes
Verkehrseinkommen, der Durchgangsverkehr fließt jedoch über die B 421
(Schwammertstraße/Hauptstraße/ Auelstraße), die L 24 (Prümer Straße) und die K
67 (Wirftstraße), die nicht in der Baulast der Ortsgemeinde Stadtkyll stehen.
Die Abrechnungseinheit 2 = Ortsteil Schönfeld stellt keine große
Verbindungsachse zu anderen Gemeinden dar. In die Abrechnungseinheit 3 = Ortsteil
„Niederkyll“ und Abrechnungseinheit 4 = Gewerbegebiet „Auf Zimmers“ fährt nur,
wer dort sein Ziel hat. Hier wäre sogar ein Gemeindeanteil von 20 % denkbar.
Nach Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 15.12.2005,
Az: 6 A 11220/05) steht den Gemeinden ein Beurteilungsspielraum von 5 % zu.
Sofern der Gemeindeanteil nach Ansicht des Ortsgemeinderats
aufgrund der örtlichen Verhältnisse von Anlieger- und Durchgangsverkehr anders
bewertet werden muss, ist dies in der Niederschrift zur Ortsgemeinderatssitzung
unter Angabe der Gründe festzuhalten.
Übergangs- und
Verschonungsregelung, § 13 ABS
§ 10a Abs. 6 KAG lässt in den
Fällen, in denen Erschließungsbeiträge, einmalige Ausbaubeiträge oder
Ausgleichsbeträge nach dem Baugesetzbuch oder Erschließungskosten aufgrund von
Verträgen zu leisten sind, eine Überleitungsregelung zu, durch die die betroffenen
Grundstücke für einen Zeitraum von höchstens 20 Jahren vom wiederkehrenden
Beitrag befreit sind. Die Überleitungsregelung soll die Eigentümer der
betroffenen Grundstücke für den bestimmten Zeitraum finanziell entlasten und
eine unverhältnismäßige Doppelbelastung vermeiden. Bei der Bestimmung des Befreiungszeitraums
sollen die übliche Nutzungsdauer der Verkehrsanlagen und der Umfang der
einmaligen Belastung berücksichtigt werden. Zu bedenken
ist darüber hinaus, dass die Beitragsbelastung, die normalerweise auf die
befreiten Grundstücke entfallen würde, von den Eigentümern der
beitragspflichtigen Grundstücke mitzutragen ist. Daher dürfen auch nicht mehr
als 50% der beitragspflichtigen Grundstücke verschont werden.
Die Aufnahme einer
Verschonungsregelung empfiehlt sich, um eine unzulässige Umverteilung von
Ausbaulasten zu vermeiden.
Der als Anlage beigefügte Satzungsentwurf der Verwaltung sieht
eine pauschale Beitragsbefreiung bis zu 15 Jahren gestaffelt nach Höhe der
Beiträge/ m² vor.
Nach Sachstand der Verwaltung ist in Stadtkyll keine Altmaßnahme
mehr abzurechnen. Die Übergangs- und Verschonungsregelung kommt demnach erst
zukünftig zum Tragen.
In-Kraft-Treten, § 15 ABS
Die Ausbaubeitragssatzung wiederkehrende Beiträge soll rückwirkend
zum 01.01.2023 in Kraft treten.
Die erste Ausbaumaßnahme, die in Stadtkyll über die
wiederkehrenden Straßenausbaubeiträge abgerechnet werden soll, ist der Ausbau
der Kreisverkehrsanlage in der B 421 (Schwammertstraße/ Hauptstraße/ Prümer
Straße). Da es sich um eine Bundesstraße bzw. Landesstraße und damit eine sog.
klassifizierte Straße handelt, werden die Kosten der Fahrbahn hierbei nicht
über die wiederkehrenden Beiträge umgelegt, sondern nur die Kosten der
Teileinrichtungen, die in der Baulast der Ortsgemeinde stehen wie der Gehweg.