Sitzung: 11.05.2023 Verbandsgemeinderat
Beschluss: einstimmig beschlossen
Abstimmung: Ja: 36
Vorlage: 3-0009/23/01-094
Beschluss:
Auf Vorschlag des Haupt- und
Finanzausschusses beschließt der Verbandsgemeinderat, die Aufgabe beim jetzigen
Träger Polizei zu belassen und dort zunächst mehr Kontrollen an
Unfallschwerpunkten und Gefahrenstellen in den Ortslagen, insbesondere in der
Stadt Hillesheim, einzufordern.
In einem Jahr soll die
Entwicklung bewertet und bei Bedarf noch einmal über einen Antrag zur
Aufgabenübertragung vom Land an die Verbandsgemeinde Gerolstein beraten werden.
Sachverhalt:
Die Stadt Hillesheim hat in der
Stadtratssitzung am 14.09.2022 eine Resolution gefasst, dass die
Verbandsgemeinde Gerolstein sich als örtliche Ordnungsbehörde die Aufgabe der
Geschwindigkeitsüberwachung als eigene Aufgabe übertragen lassen soll.
Bei der
Geschwindigkeitsüberwachung handelt es sich um eine originäre Aufgabe der
Polizei. Das Ministerium des Innern und für Sport kann diese Zuständigkeit auf
Antrag durch Rechtsverordnung auf die örtlichen Ordnungsbehörden übertragen.
Dies gilt jedoch nur für die innerörtliche Geschwindigkeitsüberwachung. Die
innerörtliche Geschwindigkeitsüberwachung durch die örtliche Ordnungsbehörde
wäre eine freiwillige Aufgabe der Verbandsgemeinde.
Der Verbandsgemeinderat hat in
seiner Sitzung am 15.12.2022 die Resolution der Stadt Hillesheim zur Kenntnis
genommen und die Verwaltung mit einer Prüfung beauftragt und um Beantwortung
verschiedener Fragen gebeten. Im Rahmen der Sitzung des Haupt- und
Finanzausschusses am 04.05.2023 wurden diese Punkte dargestellt und erläutert:
Prüfung der
Anschaffung von Geschwindigkeitsmessgeräten für die Polizei sowie deren
Einsatzmöglichkeiten und Kosten: Die
Kommunalaufsicht hat mit dem Haushaltsgenehmigungs-schreiben die veranschlagten
Mittel für diese Maßnahme beanstandet, da diese die Auffassung vertritt, dass
diese Ausgaben nicht für Aufgaben getätigt werden dürfen, die nicht im
Aufgabenbereich der VG Gerolstein gelegen sind. Dieser Punkt kann unseres
Erachtens nicht weiterverfolgt werden.
Welcher
Personalmehrbedarf wäre erforderlich?
Es würde ein zusätzlicher
Personalbedarf von 2 Stellen der Entgeltgruppe 6 für die kommunale
Verkehrsüberwachung (Jahresbrutto je 49.860 €) sowie einer Stelle der
Entgeltgruppe 9c für die Bußgeldstelle (Jahresbrutto 64.380 €) entstehen. Dies
entspricht jährlichen Personalkosten in Höhe von 164.100 €.
Welche
investiven und konsumtiven Kosten werden durch die Aufgabenwahrnehmung
entstehen?
Bzgl. der Kostenfrage
(Einnahmen und Ausgaben) wurde mit den Verbandsgemeinden Pellenz, Diez und Weißenthurm,
der Verbandsfreien Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler und der Polizei Kontakt
aufgenommen. Folgende Kosten konnten durch diese Gespräche ermittelt werden:
Investive Kosten: ca. 160.000 €
davon:
Ø Messanlage: ca. 100.000 €
Ø Fahrzeug mit entsprechendem Ausbau: ca. 60.000 €
Konsumtive Kosten: jährlich ca. 200.000 € / 220.000 €
davon:
Ø Personalkosten: 164.100 € / 180.000 €
Ø jährliche Kosten EDV-Programm: 5.000 €
Ø jährliche Kosten Datenaufbereitung, Filmmaterial: 3.000 €
Ø jährliche Abschreibungen Messanlage: 20.000 €
Ø jährliche Abschreibungen Fahrzeug: 6.000 €
Einnahmen anderer Kommunen:
Eine Ermittlung der jährlichen
Erträge fällt schwer. Wir haben mit Kommunen Rücksprache gehalten, die diese
Aufgabe in den vergangenen Jahren wahrgenommen haben. Hierbei kann man
folgenden Kostendeckungsgrad festhalten:
-
VG Weißenthurm (ca.
36.000 Einwohner) – ca. 45 %
-
VG Pellenz (ca.
18.000 Einwohner) – nahezu 100 %
-
VG Diez (ca. 27.000
Einwohner) – nicht kostendeckend
-
Bad
Neuenahr-Ahrweiler (ca. 29.000 Einwohner) – nicht kostendeckend
Die Erfahrungen der v. g.
Kommunen haben gezeigt, dass die Einnahmen der Kontrollen der innerörtlichen
Geschwindigkeitsüberwachung sich aufgrund des Effektes der Verkehrserziehung
nach einigen Monaten deutlich reduzieren.
Ein alternativer Ansatz, ob und
wie sich die Kosten decken können wäre folgende Berechnung: Ausgehend von einem
durchschnittlichen Verwarngeld von 40 € (Mittelwert der Verstöße von 4 – 10
km/h und 11 – 15 km/h) wäre es notwendig, dass wir zur Refinanzierung der
Kosten täglich ca. 20, wöchentlich ca. 100, monatlich ca. 400, jährlich ca.
5.000 Verkehrsverstöße ahnden, um die kalkulierten Kosten wieder zu erzielen.
Hinweis:
Verbleibt nach Abzug der
Gerätetoleranz (3 km/h) eine Geschwindigkeitsüberschreitung von nicht mehr als
5 km/h, so ist diese als unbedeutende Ordnungswidrigkeit zu werten und in der
Regel von der weiteren Verfolgung abzusehen.
Welche Vor-
und Nachteile sind mit dieser Aufgabenübertragung verbunden?
Vorteile:
Ø Durch eigenständige Kontrollen können die Einsatzorte selbständig geplant
werden, sodass regelmäßige Kontrollen von Unfallschwerpunkten und
Gefahrenstellen erfolgen können. Es besteht eine höhere Flexibilität, da die
Abhängigkeit von der Polizei nicht mehr gegeben ist.
Ø Die Ortsgemeinden würden innerörtlichen Geschwindigkeitskontrollen
überwiegend positiv gegenüberstehen.
Ø Verkehrserziehung, einhergehend mit einer Reduzierung der Gefahren im
Straßenverkehr
Nachteile:
Ø Diese freiwillige Aufgabenübernahme würde einen zusätzlichen Aufwand für
die Verwaltung bedeuten, da auch Einspruch- und Klageverfahren bearbeitet
werden müssten. Zudem müssten zusätzliche Aufgaben wie Fahrerermittlungen
(Handy am Steuer, Abgleich von Blitzerfotos, etc.) durchgeführt und der Einzug
von Führerscheinen umgesetzt werden.
Besteht bei
den benachbarten Verbandsgemeinden (Daun, Kelberg, Prüm) grds. Interesse diese
Aufgabe im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit wahrzunehmen?
In den Verbandsgemeinden Daun,
Kelberg und Prüm ist die freiwillige Übernahme der Aufgabe „Innerörtliche
Geschwindigkeitsüberwachung“ derzeit kein Thema. Daher stellt sich die Frage
der interkommunalen Zusammenarbeit aktuell dort nicht.
Bewertung
der Verwaltung:
Gesetzlich ist die Aufgabe der
Polizei übertragen, die die Geschwindigkeitsüberwachung auch in der VG
Gerolstein im Rahmen ihrer Möglichkeiten wahrnimmt. Gerade in den letzten
Wochen scheint die Polizei die Geschwindigkeitsüberwachung deutlich verstärkt
zu haben.
Rechtlich ist eine Übertragung
der Aufgabe vom Land an die Verbandsgemeinde Gerolstein möglich.
In den umliegenden
Verbandsgemeinden besteht aktuell kein Handlungsbedarf hinsichtlich einer
interkommunalen Zusammenarbeit in diesem Thema.
Hinsichtlich der
Verkehrserziehung und der Reduzierung von Unfallgefahren sind von der freiwilligen
Übernahme der Aufgabe „Innerörtliche Geschwindigkeitsüberwachung“ positive
Effekte zu erwarten.
Die freiwillige Übernahme würde
einen zusätzlichen Personalbedarf von ca. 3 Vollzeitstellen auslösen. Die
jährlichen Kosten für Personal, Fahrzeug und Ausstattung werden mit ca. 200.000
€ kalkuliert.
Voraussichtlich wird dauerhaft
keine Refinanzierung dieser Fixkosten durch Bußgeldeinnahmen zu erzielen sein,
wenn die Kontrollstellen an Unfallschwerpunkten und Gefahrenstellen
eingerichtet werden. Die Mehrkosten müssten im allgemeinen Haushalt als
freiwillige Ausgabe finanziert werden. Freiwillige Ausgaben dürfen nur bei
einem ausgeglichenem VG Haushalt geleistet werden.
Weiteres
Vorgehen:
Mit der freiwilligen Übernahme
der Aufgabe „Innerörtliche Geschwindigkeitsüberwachung“ durch die
Verbandsgemeinde Gerolstein sind die beschriebenen Vor- und Nachteile
verbunden. Aus Sicht der Verwaltung nimmt die Polizei die Aufgabe in einem
akzeptablen Umfang wahr. Wir sehen in der Fläche keinen Handlungsbedarf, der
eine freiwillige Übernahme dieser zusätzlichen Aufgabe durch die VG zwingend
erforderlich machen würde.
Wir tendieren daher dazu, die
Aufgabe beim jetzigen Träger Polizei zu belassen und dort zunächst mehr
Kontrollen an Unfallschwerpunkten und Gefahrenstellen in den Ortslagen
einzufordern. Wenn diese Forderungen nicht erfolgreich wären, könnte die
Aufgabenübertragung jederzeit von der VG beantragt werden.
Mehr Kontrollen würden aber
sicherlich die Verkehrssicherheit erhöhen und werden vor allem von der Stadt
Hillesheim gefordert.
Aus den vorgenannten Gründen
hat der Haupt- und Finanzausschuss in seiner Sitzung am 04.05.2023 über den
Antrag der Stadt Hillesheim beraten und dem Verbandsgemeinderat empfohlen, die
Aufgabe beim jetzigen Träger Polizei zu belassen und dort zunächst mehr
Kontrollen an Unfallschwerpunkten und Gefahrenstellen in den Ortslagen
einzufordern. In einem Jahr soll die Entwicklung bewertet und bei Bedarf noch
einmal über einen Antrag zur Aufgabenübertragung vom Land an die Verbandsgemeinde
Gerolstein beraten werden.
Die Beigeordnete der Stadt
Hillesheim, Frau Plein, ist bei der Sitzung anwesend. Es werden keine weiteren
Ausführungen des Antrages vorgebracht.
Der Verbandsgemeinderat wird
dem Empfehlungsbeschluss folgen, mit der Ergänzung, dass insbesondere aufgrund
des Antragstellers mehr Kontrollen in der Stadt Hillesheim erfolgen sollen.