Beschluss: mehrheitlich beschlossen

Abstimmung: Ja: 13, Nein: 1

Beschluss:

 

Der Ausschuss empfiehlt dem Verbandsgemeinderat, die Aufgabe beim jetzigen Träger Polizei zu belassen und dort zunächst mehr Kontrollen an Unfallschwerpunkten und Gefahrenstellen in den Ortslagen einzufordern. In einem Jahr soll die Entwicklung bewertet und bei Bedarf noch einmal über einen Antrag zur Aufgabenübertragung vom Land an die Verbandsgemeinde Gerolstein beraten werden.


Sachverhalt:

 

Die Stadt Hillesheim hat in der Stadtratssitzung am 14. September 2022 eine Resolution gefasst, dass die Verbandsgemeinde Gerolstein sich als örtliche Ordnungsbehörde die Aufgabe der Geschwindigkeitsüberwachung als eigene Aufgabe übertragen lassen soll.

 

Bei der Geschwindigkeitsüberwachung handelt es sich um eine originäre Aufgabe der Polizei. Das Ministerium des Innern und für Sport kann diese Zuständigkeit auf Antrag durch Rechtsverordnung auf die örtlichen Ordnungsbehörden übertragen. Dies gilt jedoch nur für die innerörtliche Geschwindigkeitsüberwachung. Die innerörtliche Geschwindigkeitsüberwachung durch die örtliche Ordnungsbehörde wäre eine freiwillige Aufgabe der Verbandsgemeinde.

 

Der Verbandsgemeinderat hat in seiner Sitzung am 15.12.2022 die Resolution der Stadt Hillesheim zur Kenntnis genommen und die Verwaltung mit einer Prüfung beauftragt und um Beantwortung verschiedener Fragen gebeten. Im Rahmen der Sitzung werden diese Punkte dargestellt und erläutert:

 

Prüfung der Anschaffung von Geschwindigkeitsmessgeräten für die Polizei sowie deren Einsatzmöglichkeiten und Kosten

Die Kommunalaufsicht hat mit dem Haushaltsgenehmigungsschreiben die veranschlagten Mittel für diese Maßnahme beanstandet, da diese die Auffassung vertritt, dass diese Ausgaben nicht für Aufgaben getätigt werden dürfen, die nicht im Aufgabenbereich der VG Gerolstein gelegen sind. Dieser Punkt kann unseres Erachtens nicht weiterverfolgt werden.

 

Welcher Personalmehrbedarf wäre erforderlich?

Es würde ein zusätzlicher Personalbedarf von 2 Stellen der Entgeltgruppe 6 für die kommunale Verkehrsüberwachung (Jahresbrutto je 49.860 €) sowie einer Stelle der Entgeltgruppe 9c für die Bußgeldstelle (Jahresbrutto 64.380 €) entstehen. Dies entspricht jährlichen Personalkosten in Höhe von 164.100 €.

 

Welche investiven und konsumtiven Kosten werden durch die Aufgabenwahrnehmung entstehen?

Bzgl. der Kostenfrage (Einnahmen und Ausgaben) wurde mit den Verbandsgemeinden Pellenz, Diez und Weißenthurm, der Verbandsfreien Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler und der Polizei Kontakt aufgenommen. Folgende Kosten konnten durch diese Gespräche ermittelt werden:

 

Investive Kosten: ca. 160.000 €

davon:

Ø  Messanlage: ca. 100.000 €

Ø  Fahrzeug mit entsprechendem Ausbau: ca. 60.000 €

 

Konsumtive Kosten: jährlich ca. 200.000 € / 220.000 €

davon:

Ø  Personalkosten: 164.100 € / 180.000 €

Ø  jährliche Kosten EDV-Programm: 5.000 €

Ø  jährliche Kosten Datenaufbereitung, Filmmaterial: 3.000 €

Ø  jährliche Abschreibungen Messanlage: 20.000 €

Ø  jährliche Abschreibungen Fahrzeug: 6.000 €

 

Einnahmen anderer Kommunen:

Eine Ermittlung der jährlichen Erträge fällt schwer. Wir haben mit Kommunen Rücksprache gehalten, die diese Aufgabe in den vergangenen Jahren wahrgenommen haben. Hierbei kann man folgenden Kostendeckungsgrad festhalten:

 

-          VG Weißenthurm (ca. 36.000 Einwohner) – ca. 45 %

-          VG Pellenz (ca. 18.000 Einwohner) – nahezu 100 %

-          VG Diez (ca. 27.000 Einwohner) – nicht kostendeckend 

-          Bad Neuenahr-Ahrweiler (ca. 29.000 Einwohner) – nicht kostendeckend

 

Die Erfahrungen der v. g. Kommunen haben gezeigt, dass die Einnahmen der Kontrollen der innerörtlichen Geschwindigkeitsüberwachung sich aufgrund des Effektes der Verkehrserziehung nach einigen Monaten deutlich reduzieren.

 

Ein alternativer Ansatz, ob und wie sich die Kosten decken können wäre folgende Berechnung: Ausgehend von einem durchschnittlichen Verwarngeld von 40 € (Mittelwert der Verstöße von 4 – 10 km/h und 11 – 15 km/h) wäre es notwendig, dass wir zur Refinanzierung der Kosten täglich ca. 20, wöchentlich ca. 100, monatlich ca. 400, jährlich ca. 5.000 Verkehrsverstöße ahnden, um die kalkulierten Kosten wieder zu erzielen.

 

Hinweis:

Verbleibt nach Abzug der Gerätetoleranz (3 km/h) eine Geschwindigkeitsüberschreitung von nicht mehr als 5 km/h, so ist diese als unbedeutende Ordnungswidrigkeit zu werten und in der Regel von der weiteren Verfolgung abzusehen.

 

Welche Vor- und Nachteile sind mit dieser Aufgabenübertragung verbunden?

 

Vorteile:

Ø  Durch eigenständige Kontrollen können die Einsatzorte selbständig geplant werden, sodass regelmäßige Kontrollen von Unfallschwerpunkten und Gefahrenstellen erfolgen können. Es besteht eine höhere Flexibilität, da die Abhängigkeit von der Polizei nicht mehr gegeben ist.

Ø  Die Ortsgemeinden würden innerörtlichen Geschwindigkeitskontrollen überwiegend positiv gegenüberstehen.

Ø  Verkehrserziehung, einhergehend mit einer Reduzierung der Gefahren im Straßenverkehr

 

Nachteile:

Ø  Diese freiwillige Aufgabenübernahme würde einen zusätzlichen Aufwand für die Verwaltung bedeuten, da auch Einspruch- und Klageverfahren bearbeitet werden müssten. Zudem müssten zusätzliche Aufgaben wie Fahrerermittlungen (Handy am Steuer, Abgleich von Blitzerfotos, etc.) durchgeführt und der Einzug von Führerscheinen umgesetzt werden.

 

Besteht bei den benachbarten Verbandsgemeinden (Daun, Kelberg, Prüm) grds. Interesse diese Aufgabe im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit wahrzunehmen?

In den Verbandsgemeinden Daun, Kelberg und Prüm ist die freiwillige Übernahme der Aufgabe „Innerörtliche Geschwindigkeitsüberwachung“ derzeit kein Thema. Daher stellt sich die Frage der interkommunalen Zusammenarbeit aktuell dort nicht.

 

Bewertung der Verwaltung:

Gesetzlich ist die Aufgabe der Polizei übertragen, die die Geschwindigkeitsüberwachung auch in der VG Gerolstein im Rahmen ihrer Möglichkeiten wahrnimmt. Gerade in den letzten Wochen scheint die Polizei die Geschwindigkeitsüberwachung deutlich verstärkt zu haben.

 

Rechtlich ist eine Übertragung der Aufgabe vom Land an die Verbandsgemeinde Gerolstein möglich.

 

In den umliegenden Verbandsgemeinden besteht aktuell kein Handlungsbedarf hinsichtlich einer interkommunalen Zusammenarbeit in diesem Thema.

 

Hinsichtlich der Verkehrserziehung und der Reduzierung von Unfallgefahren sind von der freiwilligen Übernahme der Aufgabe „Innerörtliche Geschwindigkeitsüberwachung“ positive Effekte zu erwarten.

 

Die freiwillige Übernahme würde einen zusätzlichen Personalbedarf von ca. 3 Vollzeitstellen auslösen. Die jährlichen Kosten für Personal, Fahrzeug und Ausstattung werden mit ca. 200.000 € kalkuliert.

 

Voraussichtlich wird dauerhaft keine Refinanzierung dieser Fixkosten durch Bußgeldeinnahmen zu erzielen sein, wenn die Kontrollstellen an Unfallschwerpunkten und Gefahrenstellen eingerichtet werden. Die Mehrkosten müssten im allgemeinen Haushalt als freiwillige Ausgabe finanziert werden. Freiwillige Ausgaben dürfen nur bei einem ausgeglichenem VG Haushalt geleistet werden.

 

Weiteres Vorgehen:

Mit der freiwilligen Übernahme der Aufgabe „Innerörtliche Geschwindigkeitsüberwachung“ durch die Verbandsgemeinde Gerolstein sind die beschriebenen Vor- und Nachteile verbunden.  Aus Sicht der Verwaltung nimmt die Polizei die Aufgabe in einem akzeptablen Umfang wahr. Wir sehen in der Fläche keinen Handlungsbedarf, der eine freiwillige Übernahme dieser zusätzlichen Aufgabe durch die VG zwingend erforderlich machen würde. 

 

Wir tendieren daher dazu, die Aufgabe beim jetzigen Träger Polizei zu belassen und dort zunächst mehr Kontrollen an Unfallschwerpunkten und Gefahrenstellen in den Ortslagen einzufordern.  Wenn diese Forderungen nicht erfolgreich wären, könnte die Aufgabenübertragung jederzeit von der VG beantragt werden. 

 

Mehr Kontrollen würden aber sicherlich die Verkehrssicherheit erhöhen und werden vor allem von der Stadt Hillesheim gefordert.

 

Aus diesem Grund sollte politisch beraten und entschieden werden, ob die Aufgabe durch die VG übernommen werden soll oder nicht.

 

 

Ergänzend zu der Sitzungsvorlage stellt Fachbereichsleiter Bernd Schmitz die von der Verwaltung ermittelten Grundlagen und durchgeführten Prüfungen vor. Fragestellungen aus dem Ausschuss, z.B. über die Möglichkeit des Leasings der Messanlagen, werden beantwortet. Die Mehrheit des Ausschusses spricht sich dafür aus, die Aufgabe beim jetzigen Träger der Polizei zu belassen.

 

Ortsbürgermeister Schmidt, Gönnersdorf, bittet das örtliche Ordnungsamt um Überprüfungen der Parksituation in der Ortslage Gönnersdorf.

 

Finanzielle Auswirkungen:

 

Sofern eine Aufgabenübertragung beim Land beantragt wird, müssten die notwendigen Stellen im Stellenplan und die notwendigen Sachmittel im Haushalt 2024 veranschlagt werden.