Sitzung: 04.05.2023 Haupt- und Finanzausschuss
Beschluss: mehrheitlich beschlossen
Abstimmung: Ja: 13, Nein: 1
Vorlage: 3-0002/23/01-062
Beschluss:
Der Ausschuss empfiehlt dem
Verbandsgemeinderat, die Aufgabe beim jetzigen Träger Polizei zu belassen und
dort zunächst mehr Kontrollen an Unfallschwerpunkten und Gefahrenstellen in den
Ortslagen einzufordern. In einem Jahr soll die Entwicklung bewertet und bei
Bedarf noch einmal über einen Antrag zur Aufgabenübertragung vom Land an die
Verbandsgemeinde Gerolstein beraten werden.
Sachverhalt:
Die
Stadt Hillesheim hat in der Stadtratssitzung am 14. September 2022 eine
Resolution gefasst, dass die Verbandsgemeinde Gerolstein sich als örtliche
Ordnungsbehörde die Aufgabe der Geschwindigkeitsüberwachung als eigene Aufgabe
übertragen lassen soll.
Bei der
Geschwindigkeitsüberwachung handelt es sich um eine originäre Aufgabe der
Polizei. Das Ministerium des Innern und für Sport kann diese Zuständigkeit auf
Antrag durch Rechtsverordnung auf die örtlichen Ordnungsbehörden übertragen.
Dies gilt jedoch nur für die innerörtliche Geschwindigkeitsüberwachung. Die
innerörtliche Geschwindigkeitsüberwachung durch die örtliche Ordnungsbehörde
wäre eine freiwillige Aufgabe der Verbandsgemeinde.
Der
Verbandsgemeinderat hat in seiner Sitzung am 15.12.2022 die Resolution der
Stadt Hillesheim zur Kenntnis genommen und die Verwaltung mit einer Prüfung
beauftragt und um Beantwortung verschiedener Fragen gebeten. Im Rahmen der
Sitzung werden diese Punkte dargestellt und erläutert:
Prüfung
der Anschaffung von Geschwindigkeitsmessgeräten für die Polizei sowie deren
Einsatzmöglichkeiten und Kosten
Die
Kommunalaufsicht hat mit dem Haushaltsgenehmigungsschreiben die veranschlagten
Mittel für diese Maßnahme beanstandet, da diese die Auffassung vertritt, dass
diese Ausgaben nicht für Aufgaben getätigt werden dürfen, die nicht im
Aufgabenbereich der VG Gerolstein gelegen sind. Dieser Punkt kann unseres
Erachtens nicht weiterverfolgt werden.
Welcher
Personalmehrbedarf wäre erforderlich?
Es würde
ein zusätzlicher Personalbedarf von 2 Stellen der Entgeltgruppe 6 für die
kommunale Verkehrsüberwachung (Jahresbrutto je 49.860 €) sowie einer Stelle der
Entgeltgruppe 9c für die Bußgeldstelle (Jahresbrutto 64.380 €) entstehen. Dies
entspricht jährlichen Personalkosten in Höhe von 164.100 €.
Welche
investiven und konsumtiven Kosten werden durch die Aufgabenwahrnehmung
entstehen?
Bzgl.
der Kostenfrage (Einnahmen und Ausgaben) wurde mit den Verbandsgemeinden
Pellenz, Diez und Weißenthurm, der Verbandsfreien Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler
und der Polizei Kontakt aufgenommen. Folgende Kosten konnten durch diese
Gespräche ermittelt werden:
Investive
Kosten: ca. 160.000 €
davon:
Ø Messanlage: ca. 100.000 €
Ø Fahrzeug mit entsprechendem Ausbau: ca. 60.000 €
Konsumtive
Kosten: jährlich ca. 200.000 € /
220.000 €
davon:
Ø Personalkosten: 164.100 € / 180.000 €
Ø jährliche Kosten EDV-Programm: 5.000 €
Ø jährliche Kosten Datenaufbereitung, Filmmaterial:
3.000 €
Ø jährliche Abschreibungen Messanlage: 20.000 €
Ø jährliche Abschreibungen Fahrzeug: 6.000 €
Einnahmen
anderer Kommunen:
Eine
Ermittlung der jährlichen Erträge fällt schwer. Wir haben mit Kommunen
Rücksprache gehalten, die diese Aufgabe in den vergangenen Jahren wahrgenommen
haben. Hierbei kann man folgenden Kostendeckungsgrad festhalten:
-
VG
Weißenthurm (ca. 36.000 Einwohner) – ca. 45 %
-
VG
Pellenz (ca. 18.000 Einwohner) – nahezu 100 %
-
VG Diez (ca. 27.000
Einwohner) – nicht kostendeckend
-
Bad
Neuenahr-Ahrweiler (ca. 29.000 Einwohner) – nicht kostendeckend
Die
Erfahrungen der v. g. Kommunen haben gezeigt, dass die Einnahmen der Kontrollen
der innerörtlichen Geschwindigkeitsüberwachung sich aufgrund des Effektes der
Verkehrserziehung nach einigen Monaten deutlich reduzieren.
Ein
alternativer Ansatz, ob und wie sich die Kosten decken können wäre folgende
Berechnung: Ausgehend von einem durchschnittlichen Verwarngeld von 40 €
(Mittelwert der Verstöße von 4 – 10 km/h und 11 – 15 km/h) wäre es notwendig,
dass wir zur Refinanzierung der Kosten täglich ca. 20, wöchentlich ca. 100,
monatlich ca. 400, jährlich ca. 5.000 Verkehrsverstöße ahnden, um die
kalkulierten Kosten wieder zu erzielen.
Hinweis:
Verbleibt
nach Abzug der Gerätetoleranz (3 km/h) eine Geschwindigkeitsüberschreitung von
nicht mehr als 5 km/h, so ist diese als unbedeutende Ordnungswidrigkeit zu
werten und in der Regel von der weiteren Verfolgung abzusehen.
Welche
Vor- und Nachteile sind mit dieser Aufgabenübertragung verbunden?
Vorteile:
Ø Durch eigenständige Kontrollen können die Einsatzorte
selbständig geplant werden, sodass regelmäßige Kontrollen von
Unfallschwerpunkten und Gefahrenstellen erfolgen können. Es besteht eine höhere
Flexibilität, da die Abhängigkeit von der Polizei nicht mehr gegeben ist.
Ø Die Ortsgemeinden würden innerörtlichen
Geschwindigkeitskontrollen überwiegend positiv gegenüberstehen.
Ø Verkehrserziehung, einhergehend mit einer
Reduzierung der Gefahren im Straßenverkehr
Nachteile:
Ø Diese freiwillige Aufgabenübernahme würde einen
zusätzlichen Aufwand für die Verwaltung bedeuten, da auch Einspruch- und
Klageverfahren bearbeitet werden müssten. Zudem müssten zusätzliche Aufgaben
wie Fahrerermittlungen (Handy am Steuer, Abgleich von Blitzerfotos, etc.)
durchgeführt und der Einzug von Führerscheinen umgesetzt werden.
Besteht
bei den benachbarten Verbandsgemeinden (Daun, Kelberg, Prüm) grds. Interesse
diese Aufgabe im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit wahrzunehmen?
In den
Verbandsgemeinden Daun, Kelberg und Prüm ist die freiwillige Übernahme der
Aufgabe „Innerörtliche Geschwindigkeitsüberwachung“ derzeit kein Thema. Daher
stellt sich die Frage der interkommunalen Zusammenarbeit aktuell dort nicht.
Bewertung
der Verwaltung:
Gesetzlich
ist die Aufgabe der Polizei übertragen, die die Geschwindigkeitsüberwachung
auch in der VG Gerolstein im Rahmen ihrer Möglichkeiten wahrnimmt. Gerade in
den letzten Wochen scheint die Polizei die Geschwindigkeitsüberwachung deutlich
verstärkt zu haben.
Rechtlich
ist eine Übertragung der Aufgabe vom Land an die Verbandsgemeinde Gerolstein
möglich.
In den
umliegenden Verbandsgemeinden besteht aktuell kein Handlungsbedarf hinsichtlich
einer interkommunalen Zusammenarbeit in diesem Thema.
Hinsichtlich
der Verkehrserziehung und der Reduzierung von Unfallgefahren sind von der
freiwilligen Übernahme der Aufgabe „Innerörtliche Geschwindigkeitsüberwachung“
positive Effekte zu erwarten.
Die
freiwillige Übernahme würde einen zusätzlichen Personalbedarf von ca. 3
Vollzeitstellen auslösen. Die jährlichen Kosten für Personal, Fahrzeug und
Ausstattung werden mit ca. 200.000 € kalkuliert.
Voraussichtlich
wird dauerhaft keine Refinanzierung dieser Fixkosten durch Bußgeldeinnahmen zu
erzielen sein, wenn die Kontrollstellen an Unfallschwerpunkten und
Gefahrenstellen eingerichtet werden. Die Mehrkosten müssten im allgemeinen
Haushalt als freiwillige Ausgabe finanziert werden. Freiwillige Ausgaben dürfen
nur bei einem ausgeglichenem VG Haushalt geleistet werden.
Weiteres
Vorgehen:
Mit der
freiwilligen Übernahme der Aufgabe „Innerörtliche Geschwindigkeitsüberwachung“
durch die Verbandsgemeinde Gerolstein sind die beschriebenen Vor- und Nachteile
verbunden. Aus Sicht der Verwaltung
nimmt die Polizei die Aufgabe in einem akzeptablen Umfang wahr. Wir sehen in
der Fläche keinen Handlungsbedarf, der eine freiwillige Übernahme dieser
zusätzlichen Aufgabe durch die VG zwingend erforderlich machen würde.
Wir
tendieren daher dazu, die Aufgabe beim jetzigen Träger Polizei zu belassen und
dort zunächst mehr Kontrollen an Unfallschwerpunkten und Gefahrenstellen in den
Ortslagen einzufordern. Wenn diese
Forderungen nicht erfolgreich wären, könnte die Aufgabenübertragung jederzeit
von der VG beantragt werden.
Mehr
Kontrollen würden aber sicherlich die Verkehrssicherheit erhöhen und werden vor
allem von der Stadt Hillesheim gefordert.
Aus
diesem Grund sollte politisch beraten und entschieden werden, ob die Aufgabe
durch die VG übernommen werden soll oder nicht.
Ergänzend
zu der Sitzungsvorlage stellt Fachbereichsleiter Bernd Schmitz die von der
Verwaltung ermittelten Grundlagen und durchgeführten Prüfungen vor. Fragestellungen aus
dem Ausschuss, z.B. über die Möglichkeit des Leasings der Messanlagen, werden
beantwortet. Die Mehrheit des Ausschusses spricht sich dafür aus, die Aufgabe
beim jetzigen Träger der Polizei zu belassen.
Ortsbürgermeister
Schmidt, Gönnersdorf, bittet das örtliche Ordnungsamt um Überprüfungen der
Parksituation in der Ortslage Gönnersdorf.
Finanzielle Auswirkungen:
Sofern eine Aufgabenübertragung beim Land beantragt
wird, müssten die notwendigen Stellen im Stellenplan und die notwendigen
Sachmittel im Haushalt 2024 veranschlagt werden.