Sitzung: 15.03.2023 Stadtrat
Beschluss: einstimmig beschlossen
Abstimmung: Ja: 24, Nein: 0, Enthaltungen: 0, Befangen: 0
Beschluss:
Der Stadtrat Gerolstein stimmt der
Resolution zu und beschließt diese wie vorliegend zu veröffentlichen.
Sachverhalt:
Resolution
zur stationären Grundversorgung in der
Stadt Gerolstein
Auch nach den Resolutionen des
Verbandsgemeinderates Gerolstein vom 12. März 2020 und vom 15. Februar 2021
beobachten die Verbandsgemeinde Gerolstein, die beiden Städte Gerolstein und
Hillesheim und die Menschen in unseren 36 Ortsgemeinden weiterhin mit großer
Sorge die aktuelle Entwicklung des Krankenhauses in Gerolstein.
2013 wurde die Geburtsstation, 2020
die stationäre Chirurgie und zum 31.03.2023 soll das internistische
Versorgungsangebot der Inneren Abteilung am Standort des Krankenhauses
Gerolstein geschlossen werden.
Der Standort in Gerolstein wurde von
der Marienhaus Gruppe in den vergangenen Jahren zugunsten des Standortes in
Bitburg immer weiter geschwächt, indem Ärzte und medizinischen Fachpersonal
vorrangig in Bitburg eingesetzt und Leistungen in Gerolstein reduziert worden
sind. Darüber hinaus hat die wirkliche Bereitschaft der Marienhaus Gruppe zur
Kooperation mit dem Krankenhaus eines anderen Trägers in Daun gefehlt. Damit
ist die aktuelle Situation nicht nur dem Wettbewerbsdruck von außen geschuldet,
sondern in wesentlichen Teilen auch hausgemacht.
Die Kürzungen im versorgenden und
behandelnden Angebot durch den Wegfall weiterer Fachdisziplinen im Krankenhaus
Gerolstein stellt für unsere ländliche Region Gerolstein eine nicht hinnehmbare
Gefahr der gesundheitlichen Versorgung der Menschen dar. Auch Menschen im
ländlichen Raum haben einen Anspruch auf eine gute Gesundheitsversorgung –
selbst wenn sich das »nicht rentiert«.
Der Verweis auf die Einrichtungen und
medizinischen Angebote von anderen Krankenhäusern in Daun, Wittlich,
Mechernich, Prüm und Bitburg ersetzt nicht das Leistungsangebot vor Ort und die
Versorgung der Menschen im Gerolsteiner Land. Hinzu kommt, dass die Marienhaus
GmbH zum 31.03.2023 auch das Krankenhaus in Adenau schließen wird, das bisher
die Grundversorgung für viele Bürger*innen aus dem nördlichen Teil unserer
Verbandsgemeinde gewährleistet hat.
Schon heute beklagen Patienten lange
Fahrstrecken, überfüllte Ambulanzen, verschobene Operationen, fehlendes
Personal, lange Wartezeiten und sehr beengte Raumverhältnisse in den genannten
Krankenhäusern. Diese Situation wird sich durch die Schließung in Gerolstein
weiter verschärfen, während in Gerolstein gut ausgestattete und eingerichtete
Behandlungsräume und Zimmer leer stehen und Fachpersonal gehen muss.
Mit dem Wegfall der Grundversorgung in
Gerolstein müssen über 30.000 Menschen aus der Verbandsgemeinde Gerolstein
längere Fahrzeiten in Kauf nehmen. Für rd. 5.000 Menschen im Einzugsbereich des
Krankenhauses Gerolstein ist die gesetzliche Garantie, dass in max. 30 Min.
Pkw-Fahrstrecke das nächste Krankenhaus der Grundversorgung erreicht wird,
gefährdet.
Eine Gleichwertigkeit der
Lebensverhältnisse in dem für die Menschen besonders sensiblen Bereich der
medizinischen Gesundheitsversorgung ist nicht mehr gegeben. Die Menschen im
Gerolsteiner Land werden damit zu Patienten "zweiter Klasse".
Die Stadt Gerolstein sieht neben dem
Krankenhausträger auch die Landes- und Bundesregierung in der Pflicht, da die
Krankenhausinvestitionsförderung und vor allem die Krankenhausplanung in deren
Zuständigkeit fallen.
Die Entwicklung am Krankenhausstandort
Gerolstein ist exemplarisch für die Situation zahlreicher Krankenhäuser
ländlicher Regionen und verdeutlicht, dass die Bemühungen von Landes- und
Bundesregierung zum Erhalt „kleinerer“ Krankenhausstandorte nicht ausreichend
sind und dringend verstärkt werden müssen.
Neben den im Vergleich zu städtischen
Regionen geringeren Fallzahlen, die die Aufrechterhaltung einer qualitativ guten
Versorgung erschweren, kommt derzeit die hohe Inflation und die daraus
resultierende Kostenexplosion. Um eine wohnortnahe stationäre Versorgung zu
sichern, ist kurzfristig ein Soforthilfeprogramm für Krankenhäuser
erforderlich.
Die Situation am Krankenhausstandort
Gerolstein zeigt zudem, dass langfristig eine umfassende Krankenhausreform
notwendig ist. Mit Blick auf die derzeitige Krankenhausstruktur ist
festzustellen, dass es einerseits in den Städten zu viele Krankenhäuser mit dem
gleichen Angebot und hierdurch Doppelstrukturen gibt. Auf der anderen Seite
müssen in ländlichen Regionen, wie das Beispiel Gerolstein zeigt, Abteilungen
oder ganze Krankenhäuser schließen, weil die Patientenzahlen niedrig sind.
Ziel einer zukunftsfähigen
Krankenhausreform muss es sein, Doppelstrukturen in Ballungsräumen zu
beseitigen und zugleich eine flächendeckende, wohnortnahe Versorgung aufrecht
zu erhalten. Hierfür muss das System der Fallpauschalen neu justiert werden.
Die Einführung einer Vorhaltepauschale würde es ermöglichen, Krankenhäuser, die
für die wohnortnahe Versorgung wichtig sind, wirtschaftlich zu stärken. Davon
würden insbesondere Krankenhäuser in ländlichen Regionen profitieren.
Der Stadtrat der Stadt Gerolstein
fordert daher von der Landesregierung den Erhalt des Krankenhauses Gerolstein
als Grundversorgungseinrichtung in seinem jetzigen Bestand zu sichern. Darunter
verstehen wir den Erhalt der Inneren Abteilung, Intensivbetten, chirurgischen
Ambulanz und Psychiatrischen Fachabteilung. Die Finanzierung kann langfristig
mit der vom Bundesgesundheitsministerium angekündigten Krankenhausreform und
der damit einhergehenden neuen Vergütungs- und Planungsstruktur sichergestellt
werden.
Darüber hinaus ist die dauerhafte
Sicherung des Notarztstandortes in Gerolstein und der Rettungswachen in
Jünkerath und Walsdorf für das Gerolsteiner Land unverzichtbar. Nach den
Schließungen in Gerolstein und Adenau fehlen auch Ärzte, die als Notarzt*in im
Rettungsdienst tätig waren. Zudem gehen Schockräume für den Rettungsdienst
verloren, in denen Patienten zumindest für den Weitertransport in Fachkliniken
stabilisiert werden konnten. Rechnerisch fehlt künftig auch die Kapazität von
über 100 Patientenbetten, die kurzfristig in den umliegenden Krankenhäusern
nicht aufgebaut werden kann. Dies führt zu noch längeren Transportwegen und
Transportzeiten für Patienten, Rettungsdienst und Notärzte. Zur medizinischen
Grundversorgung gehört auch ein Rettungs- und Notarztdienst entsprechend den
gesetzlichen Hilfeleistungsfristen.
Die Kreisverwaltung Vulkaneifel wird
aufgefordert, das Gesundheitskonzept des Landkreises weiterzuentwickeln, um
eine wohnortnahe Gesundheitsversorgung und den Aufbau eines regionalen
Gesundheitsnetzwerks voranzutreiben.
Die Stadt Gerolstein erwartet von
allen Beteiligten Unterstützung bei den Bemühungen, eine qualitativ
hochwertige, wohnortnahe stationäre und ambulante Gesundheitsversorgung
gemeinsam voranzutreiben.
Bürgermeister Böffgen erklärt, dass
der Verbandsgemeinderat die Resolution bereits beschlossen habe, um ein Zeichen
zu setzen, dass die Schließung nicht widerstandslos hingenommen wird.
Folgende Punkt werden seitens der
Verbandsgemeinde als problematisch angesehen:
-
Die
Anfahrzeiten zu den noch bestehenden Krankenhäusern;
-
Der
nicht zeitgleiche Aufbau von Betten in Daun zum Ausgleich der verlorenen Betten
in Gerolstein;
-
Der
Personal- und Fahrzeugmangel im Rettungsdienst;
-
Der
Notarztmangel;
Das Krankenhaus Daun hat die Idee
einer Kooperation zwischen den beiden Krankenhäusern in Daun und Gerolstein für
sinnvoll gehalten, der Träger in Gerolstein ist jedoch nicht darauf
eingegangen. Auch ein Trägerwechsel in Gerolstein wird nicht möglich sein, da
die Marienhaus GmbH Eigentümer des Gebäudes ist und nicht bereit ist, dieses
abzugeben.
Alle Stadtratsfraktionen teilen das
Entsetzen der Bevölkerung und sehen die Schließung als eine Katastrophe an. Sie
möchten die Resolution unterstützen, sind jedoch skeptisch, ob die Resolution
zu positiven Veränderungen führen wird.