Sitzung: 08.09.2020 Verbandsgemeinderat
Beschluss: zur Kenntnis genommen
Sachverhalt:
Die
anwesenden Einwohner haben die Möglichkeit, ihre Anliegen vorzutragen. Die
Beantwortung der Fragen erfolgt anschließend durch Bürgermeister Böffgen:
- Ralf
Berg, Einwohner der Ortsgemeinde Steffeln und Organisator der
Demonstration, bemängelt die Kommunikation zum Thema „Flächennutzungsplan
- erneuerbare Energien“ und bittet um einen Gesprächstermin, bevor das
Verfahren fortgeführt wird.
- Ute
Simon aus Schönfeld hinterfragt, ob von Seiten der Verbandsgemeinde
ausreichend geprüft wurde, welche Flächen für Windkraft-Anlagen zur
Verfügung gestellt werden sollen. Aus Ihrer Sicht liegen die aktuellen
Planungen auf Biotopen und schützenswerten Waldgebieten.
- Sebastian
Quetsch aus Steffeln-Lehnerath bemängelt, dass die Verwaltung die
Gemeinderäte bei einer solch schweren Entscheidung im Stich lässt. Seiner
Meinung nach war der Ortsgemeinderat Steffeln bei der Beratung über die
„Rahmenvereinbarung Duppacher Rücken“ überfordert, die Tragweite der
Entscheidung anschließend bewerten zu können.
Weiterhin hätten
Ratsmitglieder an der Beratung und Entscheidung zur Rahmenvereinbarung
teilgenommen, welche aus seiner Sicht wegen Befangenheit ausgeschlossen werden
müssen, weil sie als Grundstückseigentümer in dem betroffenen Gebiet einen
persönlichen Nutzen daraus ziehen können.
Es sei für die
Bürger*innen nicht zumutbar, über Jahre hinweg in Ungewissheit gehalten zu
werden; er fordert, dass der Verbandsgemeinderat die Planung für
Windkraftanlagen am Duppacher Rücken sofort einstellt.
- Martina
Berg, Inhaberin eines Hotelbetriebs in Steffeln, sieht Ihre Existenz
bedroht und 20 Arbeitsplätze in Gefahr, sofern es zur Umsetzung von
Windkraftanlagen auf dem sog. „Duppacher Rücken“ kommt. Ihr Hotel ist auf
den Gesundheitstourismus und naturnahen Urlaub ausgerichtet. Sie fragt, inwiefern
die Interessen der touristischen Betriebe bei der Planung berücksichtigt
werden?
- Monika
Klein, Vorsitzende des Eifelvereines OG Lissendorf-Birgel e.V., appelliert
an den Verbandsgemeinderat und die VG-Verwaltung, Natur und Umwelt bei der
Windkraftplanung zu schützen. Aus Ihrer Sicht sollte eher der Tourismus
ausgebaut werden. Sie betont, dass der Eifelverein ein erster
Ansprechpartner bei den Planungen sein muss und fragt an, ob und wie dieser
im weiteren Verfahren sichergestellt werden kann
- Carmen
Kirwel, Leiterin des Pflegeheim Haus Burgberg in Lissendorf, sieht
ebenfalls die Existenz des Pflegeheims in Gefahr. Die gute Lage des Hauses
in der Nähe zur unberührten Natur würde durch die Entstehung von
Windkraftanlagen stark beeinträchtigt. Durch die Planung würden
Investitionen in Mio. Höhe in das Haus möglicherweise unterbleiben.
- Rudolf
Blameuser aus Steffeln ist der Meinung, dass schon einiges entschieden ist
und die Einwohner und Bürger darüber nicht in Kenntnis gesetzt werden. Er
fragt an, ob die Durchführung einer Bürgerbefragung geplant ist.
Bürgermeister Böffgen bedankt sich für
die sachlichen Wortmeldungen. Er versichert, dass der Verbandsgemeinderat sowie
die Verwaltung an einem konstruktiven Dialog mit allen Beteiligten und
Interessengruppen interessiert ist. Ziel ist es, die Bürger*innen zu
informieren und mitzunehmen, um damit eine möglichst große Akzeptanz für die
weitere Planung zu erreichen.
Die Vorwürfe, die Gemeinderäte im
Stich zu lassen, weist Bürgermeister Böffgen bestimmend zurück. Einerseits
haben die Ortsgemeinden in Bezug auf den „Solidaritätspakt Dupperacher Rücken“
im Rahmen ihrer Selbstverwaltungsangelegenheit gehandelt, jedoch besteht ein
reger Austausch zwischen Verwaltung und den Ortsgemeinden. Ausschließungsgründe
nach § 22 GemO gab es bei den Entscheidungen aus Sicht der Verwaltung nicht, da
kein unmittelbarer Vor- oder Nachteil besteht. Die Angelegenheit befindet
sich in der Prüfung durch die Aufsichtsbehörde.
Bisher wurde lediglich ein
Empfehlungsbeschluss für die „Teilfortschreibung Flächennutzungsplan
Teilbereich erneuerbare Energien“ im Bau-, Planungs- und Umweltausschuss vom
02.07.2020 gefasst. Weitergehend ist entgegen der Aussage von Herrn Blameuser
noch nichts entschieden. Der Verbandsgemeinderat ist gesetzlich zur Aufstellung
eines Flächennutzungsplanes für die Verbandsgemeinde Gerolstein verpflichtet,
damit die gesetzliche Privilegierung von Windkraftanlagen nicht auf vielfältigen
privaten und öffentlichen Grundstücken greift. Dies hätte zur Folge, dass die
Baugenehmigungsbehörde letztlich über die Zulässigkeit von Anlagen entscheiden
könnte, ohne, dass Zulässigkeitskriterien der Verbandsgemeinde Berücksichtigung
finden könnten.
Die Grundsatzentscheidung im
Verbandsgemeinderat wäre erst der Anfang eines formalen Planungsverfahrens,
dass sich über mehrere Jahre hinziehen wird und auch formal zahlreiche
Möglichkeiten bietet, Sorgen und Anliegen –z.B. auch vom Eifelverein-
vorzubringen. Die Aufstellung eines Flächennutzungsplanes führt im Ergebnis zu
einer Reduzierung der Möglichkeiten zum Ausbau erneuerbarer Energien. Die
gesetzlichen Mindestanforderungen werden dadurch um weitere Kriterien zum
Schutz von Mensch, Natur und Wasser ergänzt. FFH-Flächen
(Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie) und Biotope sind gesetzlich geschützt. Auch wegen
der vielfältigen Beteiligungs- und Abstimmungsverfahren werde sich das
Verfahren über einige Jahr hinziehen. Die Verbandsgemeinde habe keine
Möglichkeiten, das gesetzlich vorgeschriebene, zeitaufwendige Verfahren
abzukürzen.
Abschließend bittet Bürgermeister
Böffgen die Interessengruppen, Sprecher*innen zu benennen, mit denen ein
Austausch koordiniert werden kann. Er lädt die interessierten Bürgerinnen und
Bürger zu den weiteren Ausschuss- und Verbandsgemeinderatssitzungen ein, in
welchen weiter über das Verfahren informiert und entschieden wird. Der
Bürgermeister wirbt für einen offenen Austausch miteinander.
Informationen zum Thema „Erneuerbare
Energie“ sowie dem aktuellen Verfahrensstand finden Sie weiterhin auf unserer
Internetseite www.gerolstein.de.
Auf Befragen durch den Bürgermeister
wünschen die Fraktionen keine Wortmeldungen zu seinen Ausführungen.