Sitzung: 15.07.2020 Stadtrat
Beschluss: einstimmig beschlossen
Abstimmung: Ja: 22
Vorlage: 3-0188/20/12-148
Beschluss:
Der Stadtrat erwartet von der
kassenärztlichen Vereinigung, dass die vorgenommenen Einschränkungen und
Kürzungen vollumfänglich zurückgenommen werden.
Außerdem erwartet die Stadt vom
Ministerium eine eindeutige Aussage, mit welchen medizinischen Einrichtungen /
Fachabteilungen der Krankenhausstandort Gerolstein gesichert ist.
Der Stadtbürgermeister bzw. dessen
Stellvertretung wird beauftragt, erneut mit den zuständigen Stellen (KV-RLP und
Ministerium) in Kontakt zu treten um Korrekturen (Verbesserungen) unter
besonderer Berücksichtigung der ländlichen Strukturen und gleichwertiger
Lebensverhältnisse im Land in dieser Entscheidung zu erreichen.
Sachverhalt:
Auf die im Stadtrat am 20. Mai
2020 beschlossene Resolution hinsichtlich des Erhalts des Krankenhauses
Gerolstein als Krankenhaus der Grundversorgung und als Zentrum der
Notfallversorgung, des vollumfänglichen Erhalts des ärztlichen Bereitschaftsdienstes
bzw. Rücknahme der Kürzungen hat das Ministerium für Soziales, Arbeit und
Gesundheit mit Schreiben vom 24. Juni 2020 geantwortet.
Ebenfalls geantwortet hat MdL
Gordon Schnieder. Beide Briefe, das des Ministeriums und es Landtagsabgeordneten
Schnieder vom 29.06.2020, wurden der Einladung beigefügt. Als Tischvorlage
erhielt der Stadtrat ein Schreiben von MdL Astrid Schmitt (Datum 09.07.2020,
per Mail eingegangen am 15.07.2020).
Im Wesentlichen verweist das
Ministerium auf die gesetzliche Zuständigkeit der Kassenärztlichen Vereinigung
(KV-RLP) zur Sicherstellung des vertragsärztlichen Bereitschaftsdienstes.
Dem Ministerium unterliege
lediglich eine Rechtsaufsicht und der KV-RLP ein großer Gestaltungsspielraum.
Die Landesregierung könne keinen Einfluss auf die Öffnungszeiten,
Standortentscheidungen oder konzeptionelle Gestaltung nehmen.
Der Krankenhausstandort Gerolstein
wird seitens des Ministeriums nicht in Frage gestellt. Entscheidend wird jedoch
sein, ob die Grundversorgung (Regelversorgung im Verbund mit Klinikum Bitburg)
in Gerolstein in vollem Umfang erhalten bleibt. Nach einer Pressemitteilung des
Marienhaus Klinikum Eifel zur neuen Leitung im Marienhaus Klinikum Eifel (siehe
Wochenzeitung „Gerolstein Aktuell“ vom 03.07.2020) sollen „…Zukünftig (soll) in
Gerolstein insbesondere die tageschirugischem Eingriffe vorgenommen werden.
...“
Welche Bedeutung hat diese
Aussage, bezogen auf durchzuführende Operationen am Standort Gerolstein?
Bereits jetzt ist es so, dass abends und nachts am Standort Gerolstein keine
Anästhesie mehr vorgehalten wird. Notarzt und Rettungswagen können deshalb
Patienten, die zu dieser Zeit direkt operiert werden müssen, nicht mehr ins
Krankenhaus Gerolstein einliefern, sondern müssen andere Krankenhäuser wie Bitburg
oder Daun anfahren.
Die KV-RLP hat nun mitgeteilt,
dass die Besetzung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes ab 01.07.2020 auf den
Mittwoch (14.00 Uhr – 23.00 Uhr), Samstag (09.00 Uhr – 24.00 Uhr), Sonntag
(09.00 Uhr – 23.00 Uhr) und feiertags (09.00 – 23.00 Uhr) reduziert wurde.
Das bedeutet eine Reduzierung von
bisher 116 auf 37 Stunden in der Woche. Ergänzende Bereitschaftsdienste seien
in den Krankenhäusern Daun und Prüm eingerichtet worden.
Die Gerolsteiner Ärzteschaft hat
vehement gegen diese Reduzierung protestiert. Der Eingang der Widersprüche ist
bestätigt, ein Widerspruchsbescheid zwar angekündigt aber noch nicht erledigt.
Für die medizinisch notwendige
Behandlung immobiler Menschen soll nach Auskunft die KV-RLP vor Ort ein mobiler
Hausbesuchsdienst aufgebaut werden, dies jedoch auch erst voraussichtlich 2021.
Zudem richtet die KV-RLP einen
Appell an die Patienten, vor einem Besuch zunächst den Patientenservice
(Telefon 116117) anzurufen.
Medizinische Fachkräfte würden
dort zunächst eine Ersteinschätzung vornehmen und stellten so sicher, dass
Patientinnen und Patienten in eine geeignete Versorgungseinrichtung gesteuert
würden. Dadurch könnten sowohl Notaufnahmen der Krankenhäuser als auch der
Ärztliche Bereitschaftsdienst entlastet werden.
Als Grund für die drastischen
Einschnitte nennt die KV-RLP einerseits den Ärztemangel (rund 230 Hausarztsitze
in Rheinland-Pfalz seien unbesetzt), andererseits seien die
Bereitschaftsdienstzentralen oftmals wenig bis gar nicht ausgelastet.
Langfristiges Ziel sei es daher,
den ärztlichen Bereitschaftsdienst effektiver zu organisieren, indem diese
nicht genutzten Arztarbeitszeiten in der Regelversorgung und in einem
landesweiten mobilen Hausbesuchsdienst eingesetzt werden.
Dazu müssten die Öffnungszeiten von
Bereitschaftsdienst-Praxen reduziert und dem Bedarf angepasst werden.
Der Bevölkerung der Stadt
Gerolstein und aus dem Einzugsgebiet ist es nicht zumutbar nachts zum
Bereitschaftsdienst ins Krankenhaus Daun oder Prüm fahren zu müssen.
Die Folge wird sein, dass vermehrt
die Nummer 112 gewählt und damit Rettungsdienst und Notarzt gerufen werden und
in Einsatz gehen müssen. Diese Strukturen werden für akute Notfälle vorgehalten
und dürfen nicht für Aufgaben des hausärztlichen Bereitschaftsdienstes „missbraucht“
werden. Zudem sind auch diese Dienste nicht ständig besetzt.
Wenn es allein eine „Kostenfrage“
ist, dann hat sich das Land der Finanzierung anzunehmen, denn wie die aktuellen
Erfahrungen aus der Corona-Krise zeigen, sind die Länder für die Gesundheitsversorgung
der Bevölkerung zuständig und es sind dann am Ende auch ausreichend
Finanzmittel vorhanden.
Zudem sinkt im Hinblick auf die
Suche von Nachfolgern bei zukünftig wegfallenden Hausärzten im Stadtgebiet
durch den abgesenkten Bereitschaftsdienst die Attraktivität des
Gesundheitsstandortes Gerolstein stark.