Beschluss:

 

Der Stadtrat erwartet von der kassenärztlichen Vereinigung, dass die vorgenommenen Einschränkungen und Kürzungen vollumfänglich zurückgenommen werden.

 

Außerdem erwartet die Stadt vom Ministerium eine eindeutige Aussage, mit welchen medizinischen Einrichtungen / Fachabteilungen der Krankenhausstandort Gerolstein gesichert ist.

 

Der Stadtbürgermeister bzw. dessen Stellvertretung wird beauftragt, erneut mit den zuständigen Stellen (KV-RLP und Ministerium) in Kontakt zu treten um Korrekturen (Verbesserungen) unter besonderer Berücksichtigung der ländlichen Strukturen und gleichwertiger Lebensverhältnisse im Land in dieser Entscheidung zu erreichen.


Sachverhalt:

 

Auf die im Stadtrat am 20. Mai 2020 beschlossene Resolution hinsichtlich des Erhalts des Krankenhauses Gerolstein als Krankenhaus der Grundversorgung und als Zentrum der Notfallversorgung, des vollumfänglichen Erhalts des ärztlichen Bereitschaftsdienstes bzw. Rücknahme der Kürzungen hat das Ministerium für Soziales, Arbeit und Gesundheit mit Schreiben vom 24. Juni 2020 geantwortet.

 

Ebenfalls geantwortet hat MdL Gordon Schnieder. Beide Briefe, das des Ministeriums und es Landtagsabgeordneten Schnieder vom 29.06.2020, wurden der Einladung beigefügt. Als Tischvorlage erhielt der Stadtrat ein Schreiben von MdL Astrid Schmitt (Datum 09.07.2020, per Mail eingegangen am 15.07.2020).

 

Im Wesentlichen verweist das Ministerium auf die gesetzliche Zuständigkeit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV-RLP) zur Sicherstellung des vertragsärztlichen Bereitschaftsdienstes.

 

Dem Ministerium unterliege lediglich eine Rechtsaufsicht und der KV-RLP ein großer Gestaltungsspielraum. Die Landesregierung könne keinen Einfluss auf die Öffnungszeiten, Standortentscheidungen oder konzeptionelle Gestaltung nehmen.

 

Der Krankenhausstandort Gerolstein wird seitens des Ministeriums nicht in Frage gestellt. Entscheidend wird jedoch sein, ob die Grundversorgung (Regelversorgung im Verbund mit Klinikum Bitburg) in Gerolstein in vollem Umfang erhalten bleibt. Nach einer Pressemitteilung des Marienhaus Klinikum Eifel zur neuen Leitung im Marienhaus Klinikum Eifel (siehe Wochenzeitung „Gerolstein Aktuell“ vom 03.07.2020) sollen „…Zukünftig (soll) in Gerolstein insbesondere die tageschirugischem Eingriffe vorgenommen werden. ...“

 

Welche Bedeutung hat diese Aussage, bezogen auf durchzuführende Operationen am Standort Gerolstein? Bereits jetzt ist es so, dass abends und nachts am Standort Gerolstein keine Anästhesie mehr vorgehalten wird. Notarzt und Rettungswagen können deshalb Patienten, die zu dieser Zeit direkt operiert werden müssen, nicht mehr ins Krankenhaus Gerolstein einliefern, sondern müssen andere Krankenhäuser wie Bitburg oder Daun anfahren.

 

Die KV-RLP hat nun mitgeteilt, dass die Besetzung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes ab 01.07.2020 auf den Mittwoch (14.00 Uhr – 23.00 Uhr), Samstag (09.00 Uhr – 24.00 Uhr), Sonntag (09.00 Uhr – 23.00 Uhr) und feiertags (09.00 – 23.00 Uhr) reduziert wurde.

 

Das bedeutet eine Reduzierung von bisher 116 auf 37 Stunden in der Woche. Ergänzende Bereitschaftsdienste seien in den Krankenhäusern Daun und Prüm eingerichtet worden.

 

Die Gerolsteiner Ärzteschaft hat vehement gegen diese Reduzierung protestiert. Der Eingang der Widersprüche ist bestätigt, ein Widerspruchsbescheid zwar angekündigt aber noch nicht erledigt.

 

Für die medizinisch notwendige Behandlung immobiler Menschen soll nach Auskunft die KV-RLP vor Ort ein mobiler Hausbesuchsdienst aufgebaut werden, dies jedoch auch erst voraussichtlich 2021.

 

Zudem richtet die KV-RLP einen Appell an die Patienten, vor einem Besuch zunächst den Patientenservice (Telefon 116117) anzurufen.

 

Medizinische Fachkräfte würden dort zunächst eine Ersteinschätzung vornehmen und stellten so sicher, dass Patientinnen und Patienten in eine geeignete Versorgungseinrichtung gesteuert würden. Dadurch könnten sowohl Notaufnahmen der Krankenhäuser als auch der Ärztliche Bereitschaftsdienst entlastet werden.

 

Als Grund für die drastischen Einschnitte nennt die KV-RLP einerseits den Ärztemangel (rund 230 Hausarztsitze in Rheinland-Pfalz seien unbesetzt), andererseits seien die Bereitschaftsdienstzentralen oftmals wenig bis gar nicht ausgelastet.

 

Langfristiges Ziel sei es daher, den ärztlichen Bereitschaftsdienst effektiver zu organisieren, indem diese nicht genutzten Arztarbeitszeiten in der Regelversorgung und in einem landesweiten mobilen Hausbesuchsdienst eingesetzt werden.

 

Dazu müssten die Öffnungszeiten von Bereitschaftsdienst-Praxen reduziert und dem Bedarf angepasst werden.

 

Der Bevölkerung der Stadt Gerolstein und aus dem Einzugsgebiet ist es nicht zumutbar nachts zum Bereitschaftsdienst ins Krankenhaus Daun oder Prüm fahren zu müssen.

 

Die Folge wird sein, dass vermehrt die Nummer 112 gewählt und damit Rettungsdienst und Notarzt gerufen werden und in Einsatz gehen müssen. Diese Strukturen werden für akute Notfälle vorgehalten und dürfen nicht für Aufgaben des hausärztlichen Bereitschaftsdienstes „missbraucht“ werden. Zudem sind auch diese Dienste nicht ständig besetzt.

 

Wenn es allein eine „Kostenfrage“ ist, dann hat sich das Land der Finanzierung anzunehmen, denn wie die aktuellen Erfahrungen aus der Corona-Krise zeigen, sind die Länder für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung zuständig und es sind dann am Ende auch ausreichend Finanzmittel vorhanden.

 

Zudem sinkt im Hinblick auf die Suche von Nachfolgern bei zukünftig wegfallenden Hausärzten im Stadtgebiet durch den abgesenkten Bereitschaftsdienst die Attraktivität des Gesundheitsstandortes Gerolstein stark.